Modellrechnung eines Venture-Capital-Fonds – Teil 2 – Verlaufsmodell
Wo mit starten wir jetzt? Mit dieser Frage endete Teil 1 der Beitragsreihe. Hier die Antwort!
Resultierend aus den eigenen Erfahrungen und den aus der Branche in Erfahrung gebrachten Erkenntnissen, wird ein Verlaufsmodell benötigt, welches als Schablone hinter die eigentliche Rechnung gelegt werden kann.
Das Verlaufsmodell
Als ein typischer Fondsverlauf über einen Zeitraum von 10 Jahren = 40 Quartale kann folgende Entwicklung gesehen werden:
Letztendlich geht es darum, die erwarteten Quoten für Ausfälle und Rückführungen, letztere mit Unterscheidung zwischen „Stars“ und nennen wir sie mal „Normalos“, zu prognostizieren.
Die Ausfallquoten im VC-Bereich liegen zwischen 40 und 70%. Wobei die 70% schon sehr hoch gegriffen sind. Die obige Grafik weist einen sehr wahrscheinlichen Ausfall von 40% aller Investments aus. Mit diesem Bodensatz wird man im Business zwangsläufig konfrontiert werden. Da in meinem Modell die Investments durchweg mit 3 Mio. EUR gleich hoch sind, würde diese Quote in meinem Musterfall sowohl auf Volumen, als auch Anzahl der Investments zutreffen. Das sind die kleinen Erleichterungen, die ich mir gönne. Bei 10% der Unternehmen gehen wir von einer Rückführung und einem nennenswerten Ertrag aus („Stars“). Bei den restlichen 50% kommt es dann darauf an, wo hin sich das Schicksal schließlich wendet. Natürlich erzielt der Fonds seine Performance mit den „Stars“. Aber der Erfolg eines Fonds hängt auch von diesem Zwischenbereich ab, der in der Endabrechnung dann nochmal das Tüpfelchen auf dem i sein kann. In diesem Bereich steckt sehr viel Arbeit für das Management Team drin, die manchmal auch vergebens ist und damit wertvolle Ressourcen bindet, die vielleicht anderswo sinnvoller eingesetzt worden wären. Es zeigt sich hier dann auch, ob die Management Fee sinnvoll investiert wurde. Der grün und der rot schraffierte Bereich zeigen die Spielräume zwischen Ausfall und „Normalo“ und zwischen „Normalo“ und „Star“.
In meinem Musterfall gehe ich von einer Verteilung von 60/ 40 aus. Also 60% Ausfälle und eine Rückführung von 40% der Investments zu Minimum nominal. Als vorsichtig agierender Kaufmann justiere ich das Modell entsprechend der obigen Grafik neu. Dadurch enge ich natürlich meinen Spielraum für die Prognose deutlich höherer Renditeziele entscheidend ein. Da ich kein Spaßverderber sein möchte, erweitere ich am oberen Ende ebenfalls und lege die Stars mit 20% fest. Das sollte ausreichen, um zum Schluss an dem Modell auch Freude zu haben.
Gruppierung
In meinem Modell greife ich auf die vorgenannte Einteilung, Start, Normalo und Looser (Ausfall) zurück. Durch diese Gruppierung kann ich typische Kurvenverläufe hinterlegen. Ich werde später jedem Investment, welches ich fiktiv erzeuge, einer der 3 Gruppen zuweisen. Da ich die Annahme getroffen habe, dass alle Investments in gleicher Höhe getätigt werden, brauche ich nicht zwischen Investitionsvolumen und Anzahl der Unternehmen zu unterscheiden. Die genaue Anzahl der Investments muss noch ermittelt werden. Dies erfolgt in Teil der Beitragsreihe. Aktuell kann ich sagen, dass ich 60% aller Investments der Gruppe 1 – Looser, 20% der Gruppe 2 – Normalo und 20% der Gruppe 3 – Star zuweisen werde.
Jeweils gerechnet vom Einstieg kalkuliere ich mit Ausfälle nach 3 Jahren (12 Quartale) und Rückführungen nach 5 Jahren (20 Quartale). Der kalkulierte Zeittraum bezieht sich auf den Zeitraum zwischen Erstinvestition und Eintritt des Ereignisses, ist also zunächst unabhängig von der Fondslaufzeit. Daher ist es für die Kalkulation auch wichtig, mit einzelnen fiktiven Investments zu arbeiten.
Die Modellkurven für die Gruppen Looser und Normalo sehen wie folgt aus:
Für die Gruppe Star ergibt sich folgendes Bild:
Aufgrund der großen Abweichungen zwischen den einzelnen Gruppen, habe ich es vermieden alle 3 Gruppen in einer Grafik abzubilden. Allerdings erhält man eine gute Übersicht, wenn man die Entwicklung nur für 3 Jahre (12 Quartale) in einer Grafik darstellt.
Die Werte der Y-Achse sind jeweils Prozentwerte. In der verkürzten Darstellung über 12 Quartale wird sehr schön deutlich, wie schnell sich die Spreu vom Weizen trennt. Dies ist nicht nur im Modell so, sondern kann auch in der Praxis tatsächlich beobachtet werden. Die ersten 2 Jahre sind prägend, danach ist die Richtung vielfach vorgegeben.
Da Ausfälle meist schneller eintreten, fällt die Kurve kürzer aus, als die für die Stars. Die Kurve für die Ausfälle verläuft weiter auf der Null-Linie.
Solange das Ereignis nicht als Final eingetreten gilt, fließt die in den Kurven vorhergesagte Entwicklung in den NAV ein. Ich komme darauf, in einem anderen Teil der Beitragsreihe nochmal zu sprechen. Die Bewertung sollte auf jeden Fall für alle Investments separat erfolgen und nachher zum NAV des Fonds quartalsweise aufsummiert werden. In meinem Musterfall haben wir den Sonderfall, dass der Fonds über keine weitere überschüssige Liquidität verfügt, die ansonsten natürlich im NAV auch zu berücksichtigen wäre. Alle zu- und abfließenden Mittel gelten als unmittelbar weitergeleitet.
Zuweisung
Unter Anwendung der Modellkurven geht es jetzt nur noch darum, welches derzeit noch virtuelle Investment ich mit welcher Gruppe verbinde. Die prozentuale Verteilung kenne ich schon, aber soll nun das erste Investment ausfallen oder das letzte? Ich muss hier eine Annahme treffen und entscheide mich daher, dass das erste Investment nach 3 Jahren ausfällt und das 2. Investment – Gruppe: Normalo – nach 5 Jahren verkauft werden kann. Damit ich alle 3 Varianten möglichst am Anfang habe, unterstelle ich ebenso, dass das 3. Investment – Gruppe: Star – ebenfalls nach 5 Jahren sehr lukrative verkauft werden kann.
Die Gruppen Looser, Normalo und Star sind in der nebenstehenden Grafik mit 1, 2 und 3 bezeichnet. Außerdem habe ich die Gruppen farblich markiert. Darunter sind insgesamt je Spalte ein Investment (1, 2 und 3) aufgeführt.
In der ersten Spalte sind die Perioden eingetragen. In Periode 1, entspricht dem 1. Quartal habe ich die erwartete Entwicklung über die Quartale eingetragen. Da Ausfälle nach 12 Quartalen erwartet werden, enthält die Spalte nicht so viele Werte. Meist zeichnet sich der Ausfall auch schon früher ab, daher wird bereits ab dem 11. Quartal der Wert mit 0 eingesetzt. Bei den Werten handelt es sich um Prozentwerte, die zur Erzeugung der bereits weiter oben gezeigten Kurven verwandt werden.
In der orange unterlegten Spalte = Investment 2 ist die Kurve für die Gruppe Normalo hinterlegt. Das Investment wird in Periode 2 eingegangen und wird über 5 Jahre (20 Quartale) eingeplant. Das Investment soll zu 150% zurückgeführt werden. Ebenfalls mit 20 Quartalen wird das Investment 3 eingeplant. In der grün hinterlegten Spalte sind die Kurvenwerte der Gruppe Star hinterlegt. Das Investment soll mit dem 50-fachen zurückgeführt werden. Das Investment startet wiederum eine Periode (Quartal) später, wie in den Parametern zuvor festgelegt.
Die restliche Verteilung nehme ich unter Berücksichtigung der Vorgaben (60% Ausfall, 20% Normalo und 20% Star) und Erfahrungen aus der Praxis (best practice) vor.
Eine Verteilung der Investments eines Fonds nach Gruppen und Investments könnte wie folgt aussehen.
Da ich mit einem Investment pro Quartal plane, habe ich einen Zeitversatz in der Entwicklung der einzelnen Investments.
Die obige Grafik zeigt den Versatz der Investments während der Laufzeit. Die Angaben wurden bei 200% abgeschnitten. Die Investments der Gruppe Looser sind beige/bräunlich eingefärbt, die der Normalos blau und die der Gruppe Stars in grün. Ich bin von 20 Investments ausgegangen. Bei einer Investitionsperiode von 5 Jahren würde sich ein Investment pro Quartal ergeben. Die Berechnung wird in den Fogebeiträgen basierend auf dem Modell noch verfeinert.
So, das Modell steht. Im nächsten Schritt ist das Fondsvolumen festzulegen, um darüber auch die Anzahl der Investments ermitteln zu können. Der 3. Teil der Beitragsreihe, den ich am Montag, den 21.10.2013 veröffentlichen möchte, wird Dich darüber informieren.