————————————————————————————
- Methoden für die laufende Bewertung im Private-Equity-Business
- Bewertung gelisteter Vermögenswerte
- Bewertung ungelisteter Vermögenswerte
- Bewertung zur letzten Finanzierungsrunde/ -transaktion
- Bewertung mit marktwertbasierten Multiplikatoren
- Vergleichstransaktionen
- Vergleichszahlen
- Bewertung nach Ertragswert
- Discounted-Cash-Flow (DCF)
- Venture-Capital-Methode
- Bemerkungen zu den Bewertungsmethoden
————————————————————————————
Welche Methoden kann man nun für die laufende Bewertung nutzen?
Im 1. Teil des Artikels bin ich bereits darauf eingegangen, dass ich im Beitrag auf die laufende Bewertung eines Finanzierungsinstruments, Investments bzw. Unternehmens eingehe. Gegenstand sind daher nicht die Einstandsbewertung (Entry-Valuation) oder die Exit-Bewertung (Exit-Valuation), sondern die aktuelle Bewertung zum Stichtag.
Auf welchem Level die Bewertung erfolgt (Instrument, Investment oder Unternehmen) ist abhängig von den jeweiligen Gegebenheiten und leider meist auch von den zur Verfügung stehenden Softwaretools. Bei das Eigenkapital betreffenden Instrumenten wird in aller Regel der Unternehmenswert ermittelt und dann auf das Investment und Instrument runter gebrochen. Instrumente im Bereich Fremdkapital werden individuell auf Instrument-Level begutachtet. Dies trifft mit wenigen Ausnahmen auch auf den Mezzanine-Bereich zu.
Bei der Bewertung unterscheidet man zunächst zwischen gelisteten und ungelisteten Werten.
1. Bewertung gelisteter Vermögenswerte
Sofern Vermögenswerte an einem Markt gehandelt werden, sollte grundsätzlich immer der aktuelle Kurs die Basis für die Bewertung bilden. Dies wird quer durch die Bank auch von den Branchenverbänden empfohlen. Mit dem Kurswert als Grundlage können anschließend Justierungen, welche bedingt durch wertbeeinflussende Faktoren notwendig sein könnten, vorgenommen werden.
Es gibt eine Vielzahl von wertbeeinflussenden Faktoren. Ich werde hier noch gesondert drauf eingehen.
2. Bewertung ungelisteter Vermögenswerte
Die Bewertung von Vermögenswerten, für die direkt kein aktueller Marktwert ersichtlich ist, ist natürlich um ein Vielfaches schwieriger. Man muss also eine Vergleichs- oder Basisgröße finden, auf der man die Bewertung aufsetzen kann. Die gängigsten Methoden für die laufende stichtagsbezogene Bewertung führe ich im Folgenden auf.
2.1 Bewertung zur letzten Finanzierungsrunde/ -transaktion
Fangen wir mit einem simplem Vergleich anhand von „kürzlich“ getätigten Transaktionen an. In der Praxis ist es innerhalb von bis zu 12 Monaten nach einer Finanzierungsrunde/
-transaktion möglich, die Bewertung zu übernehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass dem Bewerter keine wertbeeinflussenden Faktoren während dieses Zeitraums bekannt wurden.
Für den Einzelfall sollte man sich daher schon das Instrument, Investment oder Unternehmen näher betrachten und am Besten auch in einer vordefinierten Liste kenntlich machen, dass keine wertbeeinflussenden Faktoren bekannt sind bzw. bekannt gewordene Faktoren keinen direkten Einfluss auf die Wertentwicklung hatten.
Da ich mal in einer „Beteiligungsfabrik“ gearbeitet habe, finde ich solche Checklisten und die damit verbundene Dokumentation ganz wichtig. Sie können sehr gut die Struktur vorgeben und lassen sich dann auch besser auswerten. Wichtig ist jedoch immer genügend Freiraum zu geben, um auch dem findigen Geist eine Chance zu geben. Dadurch können neue Erkenntnisse gesammelt und ggf. in überarbeitete Checklisten übernommen werden.
Handelt es sich um das eigene Investment, welches als Basis herangezogen wird, erhält man abhängig vom Rechnungslegungsstandard einen weitgehend mit dem investierten Betrag übereinstimmendes Ergebnis. Also eine Bewertung gleich auf mit dem At-Cost-Ansatz (Bewertung zu Anschaffungskosten).
Diese Methode kann auf allen 3 Bewertungs-Level eingesetzt werden.
Doch Obacht, ganz so unkritisch, wie es auf den ersten Blick aussieht ist es nicht. Neben dem eigentlichen Investment können auch Investments Dritter herangezogen werden. Man sollte daher, bevor man sich für diese Methode entscheidet überlegen, welcher Anlass hinter der letzten Transaktion tatsächlich stand.
War es eine Transaktion eines Alt-Investors oder eines neuen Investors, der auch frisches Kapital ins Unternehmen gebracht hat. Aus der wilden Internet-Hype-Phase kennt man noch die Tricks, als Investoren durch gegenseitige Investments den Wert ihrer Portfolios in die Höhe trieben. Vorsichtshalber sollte man also die Methode nur dann anwenden, wenn ein neuer Investor, frisches Kapital eingebracht hat und die Motivation eindeutig nicht damit verbunden war, den Wert des Unternehmens künstlich anzuheben. Auch bei strategischen Investoren sollte man den Ansatz kritisch hinterfragen, da diese manchmal bereit sind, höhere Bewertungen zu akzeptieren, als Finanzinvestoren.
2.2 Bewertung mit marktwertbasierten Multiplikatoren
Man arbeitet hier mit bekannt gewordenen vergleichbaren Transaktionen (comparable transactions) oder Vergleichzahlen von anderen Unternehmen oder der Branche (market comparables).
Vergleichbare Transaktionen (comparable transactions)
Basierend auf zahlreichen Erhebungen bieten mehr oder weniger seriöse Anbieter sogenannte Branchenmultiplikatoren an. Diese Multiplikatoren werden beispielsweise auf der Basis von Umsatz oder Betriebsergebnis (EBIT) im Verhältnis zum erzielten Verkaufserlös bei einer Unternehmenstransaktion kalkuliert. Im Finance Magazin werden monatlich die Multiples für verschiedene Branchen, aufgeteilt in gelistet und nicht gelistet und Unternehmensgröße veröffentlicht. Ein Rechenbeispiel wird auch geliefert.
Soweit mir bekannt, liefert Thomson Reuters in seiner Produktpalette kostenpflichtig ebenfalls Branchenmultiples an. Mein früherer Arbeitgeber eFront bietet ebenfalls Performance-Kennzahlen an. Diese werden direkt bei den Beteiligungsgesellschaften (eFront-Kunden) erhoben, anonymisiert und aufbereitet. Näheres findest Du unter www.pevara.com. Inwieweit schon Industrie-Multiples vorliegen, weiß ich leider nicht.
Vergleichszahlen (market comparables)
Auch die Verwendung von Marktdaten von gelisteten Unternehmen ist möglich. Was gelistete Unternehmen? Hier sollen doch die Methoden für ungelistete Vermögenswerte besprochen werden. Ja richtig, hier geht es aber direkt nicht um den Kurswert, sondern um das Heranziehen von Benchmarks von an der Börse gelisteten Vermögenswerten/ Unternehmen. Die wirtschaftlichen Kennzahlen sind öffentlich und können daher einfach als Datenbasis genutzt werden.
Anstelle der vorher besprochenen Multiplikatoren aus Transaktionen sucht man als Basiswert Informationen von gleichartigen oder ähnlichen Vermögenswerten, die frei gehandelt werden. Man kann auf Daten eines einzelnen Unternehmens oder vorgebildeter Peer-Groups zurückgreifen. Passt das alles nicht, besteht auch die Möglichkeit eine eigene Peer-Group zu definieren. Dies sollte man möglichst vor bzw. mit der ersten Bewertung tun. Die selbst definierte Peer-Group sollte währende der Laufzeit des Investments nach Möglichkeit nicht verändert werden.
Anwendbarkeit der Methode
Die Methode mit den Multiples ist direkt eigentlich nur für die Ermittlung des Unternehmenswertes anwendbar. Für den Bewerter ist sie recht komfortabel einsetzbar und daher in der Branche auch sehr beliebt. Sofern die Höhe der prozentuallen Beteiligung am Unternehmen bekannt ist, ist die Berechnung des Anteilswerts möglich. Der Part – Eigenkapital – wäre damit abgedeckt. Weitere Einflussfaktoren müssten natürlich berücksichtigt werden. Für die Parts Fremkapital- und Mezzaninekapital wird die Methode nicht weiterhelfen. Hierfür wären dann andere Methoden zu verwenden.
Entscheidend wird die Datenbasis sein, auf der die Multiples ermittelt wurden. Wie gut ist die Datenqualität? Wie viele Transaktionen sind eingeflossen? Handelt es sich um nationale oder internationale Daten? Wie aktuelle sind die Daten? Welchen Rechnungslegungs-standards liegen die Daten zugrunde? Dies sind nur einige Fragen, die Du Dir stellen solltest.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, die richtige Zuordnung zu finden. Das Finance-Magazin liefert zusätzlich zu dem groben Branchenschlüssel noch eine Zuordnung der Unterbranchen. Das hilft schon ein bisschen weiter, wird aber nicht die Unschärfe durch die Vermischung verschiedenen Unterbranchen wett machen.
Letztendlich bleibt dann noch die Basisgröße. Handelt es sich hier um den Jahresumsatz oder den EBIT, kann man bei mittelständischen Unternehmen ganz gut damit arbeiten. Um die Effekte aus Finanzierung , Steuer und Abschreibung auszuschließen, wird übrigens die Verwendung des EBITDA anstelle des EBIT empfohlen.
Was macht man aber bei Early-Stage-Investments. Hier gibt es in den ersten Jahren meist nur negative Ergebnisse und gar keine oder nur geringe Umsätze. In diesem Fall ist die Methode schlichtweg nicht anwendbar oder aber andere Basiswerte müssten gefunden werden.
2.3 Bewertung nach Ertragswert
Das Ertragswertverfahren ist der Klassiker schlecht hin. Insbesondere die Discounted-Cash-flow-Methode (DCF) kann als Fundament für jede Unternehmensbewertung gesehen werden. In der Praxis gibt es sehr viele Spielräume für den Bewerter, so dass die Branchenstandards die DCF-Methode eher als Kontrollinstrument zu den anderen möglichen Verfahren sehen.
Im Early-Stage-Bereich bietet das DCF-Verfahren jedoch deutliche Vorteile gegenüber den Multiplikatorverfahren, da es dem Bewerter auch erlaubt, die anfänglich zu erwartenden negativen Cashflows in die Berechnung einzubeziehen. Es wäre an dieser Stelle zu detailliert, das Verfahren selbst zu erläutern.
2.4. Bewertung nach Venture-Capital-Methode
In der klassischen Venture-Capital-Finanzierung steht der zu erzielende Exit-Preis an erster Stelle. Laufende Dividenden Einnahmen bringen zwar Freude, werden aber von vornherein nicht als wesentlich eingestuft. In meiner Praxis ist mir selten ein Unternehmen zu Auge gekommen, welches in den ersten Jahren positive Ergebnisse erzielt hat.
Die Venture-Capital-Methode geht daher die Bewertung ganz pragmatisch an. Auf Basis des aus heutiger Sicht zu erwartenden Exiterlöses, welcher anhand von Benchmarks (s. 2.2) prognostiziert oder anhand der DCF-Methode ermittelt wird, wird unter Ansatz einer zu erwartenden Verzinsung und unter Berücksichtigung der Restlaufzeit der aktuelle Wert der Beteiligung ermittelt.
Die VC-Methode setzt also auf anderen Methoden auf. Dennoch ist sie sehr unscharf und sollte nicht isoliert zur Bewertung herangezogen werden.
Bemerkungen zu den Bewertungsmethoden
Alle Bewertungsmethoden wurden hier noch nicht berücksichtigt. Du hast jetzt aber einen ersten groben Überblick, wie Verfahren wird bzw. werden kann.
Die Beschreibung des Verfahrens für die Bewertung wird im übrigen auch Bestandteil des Erlaubnisverfahrens für Kapitalverwaltungsgesellschaften nach KAGB sein. D.h. die Wege und Verfahren, wie in der Bewertung vorgegangen werden soll sind bereits vorab in einem geeigneten Konzept vorzulegen. Eine tiefer gehende Dokumentation der einzelnen Bewertungsläufe und die höhere Professionalisierung durch die Erstellung von Checklisten und Plausibilitätsprüfungen scheint aufgrund der haftungsrechtlichen Relevanz dringend gegeben.
Es gibt eigentlich keine allgemein gültige Methode zur Bewertung. Diese muss für jedes einzelne Investment anhand einzelner Kriterien ermittelt werden. Auch sollte nach Möglichkeit immer mindestens eine weitere Bewertungsmethode als qualitätssichernde Maßnahme angewandt werden. Welche Kriterien für die Ermittlung der Methode zu beachten sind, sollte auf jeden Fall Bestandteil des schriftlich zu fixierenden Bewertungsleitfadens sein. Dies soll dem Investor auch zeigen, dass die Auswahl der Methode nicht rein willkürlich geschieht, sondern ernsthafte validierbare Überlegungen dahinter stehen.
>>Beitrag wird demnächst fortgesetzt. Ich wollte noch auf die wertbeeinflussenden Faktoren näher eingehen. Beitrag wird hier fortgesetzt: Wertbeeinflussende Faktoren bei der Bewertung von Unternehmensinvestments im Private-Equity-Business (Teil 1)<<<
170123: Link zu pevara.com angepasst.