Business Analyse oder doch besser Business Consulting?
Mein über die Jahre gewonnener Eindruck ist, dass die Fondsverwalter in der Private Equity Industrie ihre Auswahlprozess für neue Softwarelösungen mehr und mehr professionalisiert haben. Dieser Trend wird sich durch die von mir erwartete Konsolidierung – aktuell zunehmend getrieben durch die staatliche Regulierung – weiter verstärken.
Was hat sich nun verbessert?
Der ganze Ablauf ist strukturierter geworden. Die vorgeschaltete konkretisierte Anforderungsanalyse ist fester Bestandteil des Prozesses geworden. Auch der Fokus auf dem die Anforderungen basieren wird viel weiter gefasst, um so eine strategisch vernünftige und langfristig verfügbare Lösung implementieren zu können. Für die Analyse lässt man sich mehr Zeit, so dass den potentiellen Anbietern die Chance geboten wird, sich einen fundierten Einblick über die gewünschten Anforderungen verschaffen zu können. Damit lassen sich auf Seiten der Anbieter, die Angebote viel besser präzessieren.
Wo besteht noch Verbesserungspotential bei der Voranalyse?
„Neuanschaffung einer Softwarelösung ist Sache der IT! Wenn wir sie schon in die Beschaffung einbinden müssen, dann sollen sie gefälligst auch die Anforderungen festlegen.“
Dies ist ein Beispiel für eine typische Aussage aus einer Fachabteilung. Sie spiegelt sehr gut die Problematik wieder, die mit der höheren Professionalisierung der Arbeitsabläufe einhergeht. Mit der Umsetzung wurde zwar begonnen, das generelle Grundverständnis fehlt aber letztendlich, da der Prozess entweder noch nicht abgeschlossen wurde oder aber nicht von starker Hand durchgesetzt wurde. Ich halte es für sehr wichtig in diesem Bereich deutlich nachzulegen.
Als Business Analyst und Consultant sehe ich insbesondere auch die Lücke im Verständnis für Consulting und Analyse. Während, für mich allerdings nur vordergründig, bei der Analyse zugelegt wurde, steht das Consulting sträflich hinten an. Wahrscheinlich ein Relikt aus den Hochzeiten von Geiz ist geil, wo ohne Rücksicht auf Qualität der Billigheimer das Geschäft machen konnte. Das Business Consulting ist nun mal die von den Anforderungen aufwendigere und daher teurere Disziplin und sie wird nur in seltenen Fällen durch einen Business Analysten abgedeckt werden können.
Hierzu ein Beispiel:
In sehr vielen Analyseprojekten wird erst sehr spät klar, dass die verschiedenen in das Projekt eingebundenen Fachabteilungen völlig verschiedene Auffassung von Begrifflichkeiten und Arbeitsabläufen haben. Damit fehlt die Grundlage für eine vernünftige Business Analyse. Vorzuschalten wäre hier eine konkrete Prozessanalyse, welche die die gesamte „Truppe“ erst einmal einnordet. Dieser Beratungsschritt ist aber sehr aufwändig und mit einer Menge von Emotionen verbunden. Letztendlich dient genau dies dazu, zu hinterfragen, wo der Schuh denn wirklich drückt, wie die Arbeitsabläufe optimiert werden können und wo tatsächlich eine Software ihre Stärken ausspielen könnte.
Wie lässt sich der Prozess weiter optimieren?
Eine neue Software sollte grundsätzlich nicht als allheilbringender Problemlöser gesehen werden. Software, optimal und mit Weitsicht eingesetzt, kann ein zuverlässiger Partner sein. Hierzu ist es aber nötig, die dahinter liegenden Prozesse und aus der Vergangenheit übernommenen Relikte zu verstehen, zu hinterfragen und ggf. zu optimieren. Es ist sehr wichtig, interne Blockaden zu brechen und ein unternehmensweites Verständnis zu entwickeln, um darauf basierend geeignete Lösungen, ob technisch oder nicht, zu implementieren.
Dies wird einiges an Ressourcen für den Know-Know-Transfer an die in- oder externen Business Consultants verschlingen. Ist man ehrlich, dann ist es die geborgte Zeit, die man zurück gibt, weil man vorher sträflich die Dokumentation und die Straffung von Prozessen hat schleifen lassen.
Erst wenn die Struktur und die Prozesse klar sind, dann kann der Business Analyst seine stärkeren als Bindeglied zwischen Fach- und IT-Welt ausspielen und geeignete IT technische Lösungen vorschlagen.
Bitte verstehe mich an dieser Stelle richtig. Mit Sicherheit ist nicht bei jeder geplanten Softwareeinführung eine komplette Neustrukturierung Deines Unternehmens erforderlich. Überlege, wann wurde das letzte Mal wirklich etwas verändert und wie schätzt Du die aktuelle Situation in Deinem Unternehmen ein. Warum benötigst Du die neue Software wirklich?
Wenn Du ehrlich zu Dir selbst bist, wirst Du wissen, ob etwas und was zu tun ist. Wie Du aus meinen Ausführungen entnehmen konntest, kann es durchaus Sinn machen den ‚teureren‘ Business Consultant zu beauftragen. Ob Consultant oder Analyst, beide können sich im Normalfall gegenseitig nicht ersetzen, dafür aber im zeitlichen Ablauf, und dies insbesondere auch projektübergreifend, ergänzen.