Bericht vom German.Venture.Day 2014 am 6. März in Duisburg

Bericht vom German.Venture.Day 2014

Letzte Woche besuchte ich den German.Venture.Day  2014, welcher seit einigen Jahren vom Private Equity Forum NRW e.V. durchgeführt wird. Tiefgreifende Neuerungen  gab es nicht. Die Stimmung in der Branche ist gut, wie scherzhaft hinzugefügt wurde:  „Auf dem sinkenden Schiff“.

Ist das nun Zweckoptimismus oder tut sich wirklich was?

Nun, ich würde sagen es geht langsam aufwärts. Für mich auf jeden Fall ein sehr interessanter Einblick in die aktuelle Entwicklung in der deutschen Venture Capital Industrie.

Mein früherer Arbeitskollege und heute Geschäftsführer des High Tech Gründerfonds (HTGF), Dr. Michael Brandkamp,  gab einen sehr interessanten Überblick zum Jahr 2013. Ich habe noch keine Unterlagen zum Download gefunden und berichte daher aus dem Gedächtnis mit ergänzenden eigenen Interpretationen. Sofern Unterlagen bereit gestellt werden, trage ich den Link noch nach. 

Die Investitionstätigkeit hat zugenommen. Da aber das Fundraising in 2013 geringer war, als das eingesetzte Kapital sind die verfügbaren Mittel insgesamt gesunken. D.h. wenn man die von den Venture Capitalisten in den letzten Jahren eingesammelten Mittel (Fondsvolumen) zuzüglich des in 2013 neu eingeworbenen Mittel, um das Volumen der getätigten Investments reduziert, dann ist das für weitere Investments verfügbare Kapital geringer, als im Vorjahr.

Interessant wäre hier sicherlich zu untersuchen, welches Verhältnis als gesund und welches als gefährlich einzuschätzen ist. Natürlich bewegt sich der Markt in Wellen und durch eine verstärkte Investitionstätigkeit könnte auch wieder das Interesse der Anleger geweckt werden, wenn sie dann aufgrund geltender regulatorischer Vorschriften überhaupt noch in diesem Marktsegment investieren können.

Spannend fand ich auch den tieferen Einblick in die Struktur der getätigten Investments. Durch seine zentrale Bedeutung für den deutschen Venture Capital Markt verfügt der HTGF natürlich über eine profunde Datensammlung, die einigermaßen verlässlich Aussagen zulässt.

Kurzum, die Business Angel werden neben den Fonds immer mehr zu zweiten tragenden Säule. Sie konnten teilweise die Lücke, welche durch die Abwanderung von Fonds entstand, schließen.

Unzweifelhaft ist nach wie vor der immense Anteil der öffentlichen Investoren im Markt, der fast 75% ausmacht. Das zeigt einerseits, wie gut die Mittel angenommen werden. Aber der Insider weiß auch, dass der Staat seit langer Zeit nur dann eine Unterstützung favorisiert, wenn der private Sektor zu mindestens gleichen Teilen sich an dem Investment beteiligt und vor allem auch die Federführung übernimmt. Ein Zuviel an staatlichen Mitteln könnte, so wie ich Dr. Peter Güllmann von der NRW.Bank verstanden habe, auch ein Indiz dafür sein, dass ganz offensichtlich kein Bedarf in diesem Markt besteht und dieser nur noch durch den Staat aufrechterhalten wird.

In diesem Fall wäre dann der Ansatz der aktuell laufenden Förderung generell einer Revision zu unterziehen. Wobei es hier schon mannigfach wissenschaftliche Untersuchungen gab – nicht von einem großen deutschen Automobil Club, welche die Bedeutung für Deutschland, als Hochtechnologieland, herausstellten.

Ein weiterer Punkt der Analyse war die Untersuchung der durchschnittlichen Volumina einer Finanzierungsrunde im zeitlichen Ablauf. Normalerweise müssten die Volumina von Runde zu Runde höher werden. Tatsächlich bewegen sie sich aber auf einer nicht signifikant voneinander abweichenden Höhe. Dies könnte daran liegen, dass die Finanzierungsrunden schon seit jeher immer sehr sehr knapp kalkuliert werden. Die Befürchtung dabei ist, dass die Innovationskraft durch das latente Spartraktat deutlich gemindert werden könnte. Wer permanent auf die Reichweite seiner Finanzierungsmittel, bei höchst unsicherer Anschlussfinanzierung, achten muss, der kann den Kopf nicht frei haben. Im Ausland, natürlich insbesondere in den USA, sind Investoren wesentlich großzügiger. Ich denke, Venture Capital ist den Deutschen immer noch zu exotisch.

Die ausländischen Investoren fielen dann auch bei einer weiteren Analyse auf, bei der es um die Herkunft der Investoren in den verschiedenen Finanzierungsrunden ging. Die ausländischen Investoren kamen verstärkt in Finanzierungsrunde 3 und 4 ins Spiel. Wollen Sie den Rahm abschöpfen, wenn das Unternehmen schon gefestigter ist, den inländischen Investoren jedoch die Puste ausgeht?

Man sollte hier aber auch beachten, dass ausländischer Investor nicht immer großer amerikanischer Fonds bedeutet. Und vor allem weist Du, wo das Kapital, das hinter dem Investor steht, überhaupt her kommt? Vielleicht stammt es von einem Deutschen, der seine Mittel in einen Fonds gesteckt hat, der in einem Land ansässig ist, in dem Engagements in Kapitalinvestments noch geschätzt werden.

Es gibt also noch deutliches Verbesserungspotential.  Mal sehen, was die „GroKo“ so im Köcher hat. Wie schon in den etwas länger zurückliegenden Beiträgen:

erwähnt, nützt es wahrscheinlich nichts, ständig neues staatliches Geld in den Markt zu schütten, hier sind Innovation für Innovationen gefragt. Ich sehe das Problem auch nicht im Kapitalmangel, sondern in der Fehlallokation. Hier hilft auch nicht die Aufsicht sondern ein intelligentes Konzept.

Crowdinvesting

Der Veranstalter hatte dem Thema Crowdinvesting einen breiteren Rahmen eingeräumt. Während im ersten Teil der Veranstaltung Crowdfinancing als durchaus akzeptable Form der Finanzierung vorgestellt wurde, kam gegen Ende der Veranstaltung doch immer mehr zu Tage, dass eine VC Gesellschaft es weniger gern sieht, wenn ein Unternehmen durch die Crowd finanziert wurde.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf meinen Beitrag:

CROWDINVESTING IN DER BETEILIGUNGSFINANZIERUNG

 verweisen. Ich sehe mich in meinen Aussagen bestätigt, möchte die Finanzierungsform jedoch nicht „verteufeln“, sondern auf die richtige Verwendung hinweisen. Ähnlich wie die Crowdfinanzierung wird grundsätzlich ein großer Gesellschafterkreis, als hinderlich angesehen. Durch geschickte vertragliche Gestaltung und Pooling lassen sich frühzeitig Probleme verhindern. Viele Gesellschafter können auch zu einer schnellen Verwässerung der Anteile der Hauptinitiatoren führen, so dass die Gefahr der Demotivation gesehen wird. Also Gründer, „Obacht“, wie man in Bayern zu pflegen sagt. 

2 Antworten auf „Bericht vom German.Venture.Day 2014 am 6. März in Duisburg“

  1. Ich hab aktuell eine lebhaftere Diskussion zum Thema „Durchlauferhitzer“ und neue Konzepte. Per Email wurden mir die Fragen gestellt:

    Würde eine verbesserte Allokation auch das ungelöste Performance-Frage (zu geringe Renditen? Wer könnte das besser machen?) adressieren, damit mehr Kapital zufließt und sich gute Exits realisieren lassen?
    Wenn der erste Punkt gelöst ist: Welche Kanäle wären konkret zu öffnen? Was kann der „Durchlauferhitzer“ besser (anders) neue börsengebundene Plattformen?

    Ich meine hierzu, dass es ohne ausreichende Qualität nicht funktionieren kann. Das ist auch die Erkenntnis aus den staatlichen Modellversuchen und Beteiligungsprogrammen BJTU und BTU zwischen 1989 und 2003. Eine Beteiligungsfabrik, die basierend auf purer Masse erfolgreich läuft, funktioniert lfr. nicht. Allerdings kommen heute viele Unternehmer vielleicht gar nicht auf die Finanzierer zu, da der Zugang zu kompliziert ist und falsche Signale hinsichtlich der Möglichkeiten gesendet werden. Es sind auch nicht alle Teilnehmer auf die horrenden Renditen angewiesen, wie die VC- Fonds. Viele Business Angel gingen wahrscheinlich gerne auch früher raus, wenn dies möglich wäre. Dadurch könnte bisher gebundenes Geld für neue Investment frei gemacht werden.

    Der zweite Punkt wäre Bestandteil eines konsolidierten Gesamtkonzept für den Beteiligungsmarkt unter der Zielsetzung den Markt in Bewegung zu halten. Eine Börse für Profis ist sicherlich ein Baustein. Ich bin ja ansonsten recht freizügig mit meinen Einblicken in die Branchen- und Beratungsprozesse. An dieser Stelle möchte ich aber nicht tiefer einsteigen, da solche Ausführungen dann konkreter Bestandteil von Projektarbeiten wären.

  2. Ich hatte außerhalb des Blogs Email Traffic zu diesem Beitrag, Die Fragestellung mit der wir uns hier beschäftigten, war die Belebung des Marktes durch ein neues Börsensegment. Daher ergänzend nochmal meine Meinung hierzu:

    Inwiefern ein neues Börsensegment einzig und allein zu Belebung des deutschen Venture-Capital-Marktes beitragen kann, bezweifle ich. Die Frage ist, wer soll investieren und ab wann lässt man Unternehmen zu. Es ist ein High-Risk-Markt für Profis. Ein solch neues Börsensegment kann für mich auch nur ein Teil eines ganzen Maßnahmenbündels sein. Ich erwarte kein Stückwerk, sondern ein Gesamtkonzept mit kalkulierbarem Planungshorizont für die Marktteilnehmer.

    Unzweifelhaft, wir brauchen eine Art Durchlauferhitzer, der den Markt in Bewegung hält. Ich habe in einem anderen Beitrag mal von Förderinnovation gesprochen, die nicht immer nur blind neues Geld oben drauf gießt, sondern die Kanäle freispült und den Kreislauf in Bewegung hält.

    Das Thema ist m.E. nicht der Kapitalmangel, sondern die Justierung der Allokation des am Markt mehr als reichlich vorhandenen Kapitals. Seit ich in 1993 mit der Branche erstmals in Berührung kam, muss ich mir ständig das Gewinsel über unsere Defizite bei dem Umgang mit dem Instrument Venture Capital anhören. Sicher kann man vieles vom großen allwissenden Bruder lernen. Benchmarking ist auch sehr wichtig. Aber am Ende bringt es doch nichts, sich ständig zu verbiegen. Wir haben nun mal eine andere Mentalität. Daher sollten wir uns diese zu nutze machen und für uns geeignete Formen finden.

    Ziel muss es sein, den volkswirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Kurzsichtige steuerrechtliche Grabenkämpfe helfen nicht und führen letztendlich nur dazu, dass Drittstaaten den Rahm aus technologischer und kapitalmäßiger Sicht abschöpfen.

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