Fristenkongruenz im Fondsmanagement
Ganz aktuell haben wir mit der PROKON wiedermal ein Investmentmodell, basierend auf Genussrechtskapital, welches scheinbar nicht funktioniert hat. Schon ist das Geschrei nach weiteren regulatorischen Maßnahmen groß.
Ich möchte hier nicht auf die Geschäftspraktiken von PROKON eingehen, da ich die Gesellschaft nur von den permanent ins Haus flatternden Werbe-Flyern, welche ihr jähes Ende in meiner Papiertonne fanden, kenne und mir daher auch kein Urteil erlauben kann. Mein Thema ist die Fristenkongruenz, die meines Erachtens auch im Falle PROKON eine entscheidende Rolle spielt.
Was ist Fristenkongruenz?
In meiner Ausbildung zum Bankkaufmann war das erste, was man lernte, die fristen-kongruente Finanzierung. Das ganze ist auch unter dem Begriff „Goldene Bankregel“ bekannt. Hiernach sollen längerfristige Investments stets auch nur mit längerfristigem Eigen- oder Fremdkapital finanziert werden.
Im Finanzgeschäft muss sich Geld bewegen. Für Banken war es schon immer lukrativ die von den Kunden eingezahlten und mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten versehenen Spareinlagen, als Grundlage für längerfristige Finanzierungen einzusetzen. Früher sprach man vom Grundsatz I, eine aufsichtsrechtliche Regelung, die es einem Kreditinstitut erlaubte, 60% der Spareinlagen den Eigenmitteln zuzurechen und somit die Basis der Kreditvergabe zu erhöhen. Hintergrund war, dass die Spareinlagen bei einem Kreditinstitut unter Betrachtung aller Zu- und Abflüsse einen langfristigen Bodensatz bilden, der die Aufsicht dazu bewegte einen langfristigen Einsatz dieser Mittel zuzulassen.
Der Grundsatz I ist vom Solvabilitätsgrundsatz abgelöst worden.
Offene und geschlossene Fonds
Bei den Alternativen Assets galten, ob geregelt oder als ungeschriebes Gesetz, ähnliche Regelungen, wie bei den Banken. Wir unterscheiden bei Fonds zwischen offenen und geschlossenen Fonds. Während dem geschlossenen Fonds über einen längeren Zeitraum Finanzierungsmittel zur Verfügung stehen, kann das Vermögen eines offenen Fonds, anhängig von Zu- und Abflüssen, stark schwanken. Durch geschickte Liquiditätssteuerung basierend auf historischen Erfahrungswerten habe die offenen Fonds bis zum Platzen der Immobilenblase über Jahre, ich würde sogar sagen Jahrzehnte, mehr oder weniger gute Geschäfte gemacht, ohne gesamtwirtschaftlich unangenehm aufzufallen. Es gab auch dort schon Fehlinvestitionen, aber das gehört eben zum Geschäft dazu, genauso wie der Erfolg.
Die Finanzmärkte sind allerdings in den letzten Jahren viel labiler geworden. Es ist vielmehr Geld im Spiel und es treten weltweit immer mehr Spieler auf. Diese Unstetigkeit an den Märkten zeigte uns dann auch mehr als deutlich die Schwächen von offenen Fonds auf.
Ein Fonds kann nur Geld verdienen, wenn er das eingesammelte Geld investiert. Immobilieninvestments sind langfristig. Wenn sich Ein- und Auszahlungen in einen Fonds die Waage halten, muss der Fonds nicht an sein Bestandsvermögen, sondern gleicht den Bedarf einfach über sein Liquiditätsmanagement aus. Der Wert den Fondsanteils wird über die permanente Bewertung der Vermögenswerte geregelt.
Gerät das Gleichgewicht zwischen Ein-und Auszahlungen jedoch aus dem Lot, dann hat der Fonds zwangsläufig ein Problem, den er kann sein Vermögen nicht schnell genug und schon gar nicht zu einem vernünftigen Preis liquidieren. Das ganze schauckelt sich dann meist weiter auf und es kommt zum Run.
Regulatorische Regelungen – Was ist zu tun?
Auch bei PROKON wurden wohl langfristige Investments in Windparks scheinbar mit Genussrechtskapital finanziert, welches laut Satzung kurzfristig kündbar ist. Schlechte Presse hat hier den gleichen Effekt, wie bei den offenen Immobilienfonds in 2008.
Der Gesetzgeber hat daraus gelernt und im KAGB festgeschrieben, dass Immobilienfonds künftig nur noch in der Rechtsform eines Sondervermögens geführt und vor allem nur noch als geschlossener Fonds aufgelegt werden dürfen . In meinem Beitrag: ASSETKLASSE – SACHWERTE, bin ich hierauf bereits näher eingegangen.
Ist die Struktur von PROKON folglich eine Altlast, welche nach Ablauf der Übergangsfrist im Juli 2014 gemäß KAGB so eigentlich gar nicht mehr existieren dürfte?
Wenn ja, dann brauchen wir keine neuen Regelungen. Allerdings sollten die Anbieter von offenen Sachwertfonds schnell nach geeigneten Lösungen suchen, den der Fall PROKON hat erneut eine Wunde in die offene Flanke der offenen Fonds geschlagen.
Erst neulich sprach ich mit einem Anbieter, der davon überzeugt war, dass das KAGB ihn überhaupt nicht betreffe. Dies stimmte aber nur in sofern, dass er aufgrund des von ihm betreuten Fondsvolumens entsprechende Erleichterungen eingeräumt bekommt. Die Befreiung von der Erlaubniserteilung nach § 21 und 22 des KAGB verstehen viele als vollständige Befreiung und übersehen damit die Registrierungs- und Berichtspflichten nach § 44 KAGB.
Was kann die Regelung, was nicht?
Eine Regulierung wird immer eine Reaktion auf vorhergehende Fehlentwicklungen, vielleicht noch mit der Antizipation auf künftig mögliche weitere Fehlentwicklungen sein. Letztere lenkt aber gleichzeitig auch schon wieder auf neue, bisher noch nicht bekannte Pfade. Der Grat hin zur Überregulierung und durch falsche Vorgaben ausgelöste Fehlallokationen ist schmal.
Anlagen in Alternative Assets sind aber nun mal risikobehaftet. Der Anbieter entwickelt entsprechende Strategien, um für sich und seine Anleger ein optimales Ergebnis zu erzielen. Eine mögliche Variante ist eine geschickte Diversifikation der Anlagen. Aber bleiben wir beim Immobilienfonds. Selbst langfristige Mietverträge bei Einstieg des Investors sind keine Garantie für einen gewinnbringenden Verkauf der Immobilie am Ende der Fondslaufzeit. In 10 oder 15 Jahren kann sich eben sehr viel tun.
Jeder Investor sollte selbst abschätzen, was er möchte und vor allem was er kann. Die Aufsicht kann ihn in vielen Fällen vor den schwarzen Schafen schützen. Ein Freibrief kann und soll dies aber nicht sein.