Deal Flow Management – Vorselektion
Im ersten Beitrag hatte ich eine Gruppierung des Deal Flow Prozesses in 3 Level vorgenommen. Heute geht es um Level I – Vorselektion, also der Trennung der Spreu vom Weizen.
Was sind die Aufgaben?
Da kommen mitunter die verrücktesten Projektideen rein. Die Aufgabe bei der Vorselektion ist es effizient eine Klassifizierung vorzunehmen, ohne jedoch auf den ersten Blick nicht erkennbare Schmuckstücke zu verlieren.
Wird hierfür ein erfahrener Manager eingesetzt, der die Unterlagen so aufbereitet bekommt, dass er schnell eine Klassifizierung vornehmen kann, dann ist der Einsatz einer solchen hochbezahlten Fachkraft gerechtfertigt, denn die ankommenden Anfragen sind schließlich die Grundlage für künftige Investments. Hilfreich ist, wenn die Prozesse hinter der Klassifizierung im Vorfeld bereits aufgesetzt wurden. Wie bei Personalunterlagen sollte die Klassifizierung niemals auf dem Original erfolgen, sondern immer auf einem IT-technisch erstellten Deckblatt oder aber direkt online. Dadurch wird auch gesichert, dass die Anfrage zeitnah im System enthalten ist. Bis zu 5 Klassifizierungsstufen sollten eigentlich reichen, um dahinterstehende Prozesse für die Assistenz zu bestimmen.
Absagen hängen nicht immer mit der Qualität des geplanten Projektes zusammen. Es kann z.B. auch sein, dass das Projekt nicht konform mit der Anlagestrategie des Fonds ist. Manche Projekte sind auch ihrer Zeit voraus und lassen daher während der Laufzeit des Fonds nicht das nötige Marktpotenzial erkennen. Leider sind, man muss es so hart sagen, tatsächlich auch viele „Spinner“ oder Personen darunter, die sich auf Irrwegen befinden. Aber so etwas findet man auch in der klassischen Finanzierung und ist daher kein spezielles Phänomen der Düsentriebs im High Tech Bereich. Es gibt vielzählige Gründe, Finanzierungsgesuche nicht weiter zu verfolgen. Wichtig ist, dass diese auf jeden Fall intern dokumentiert werden sollten, da Anfragen, meist mit überarbeiteten Konzept, durchaus mehrfach eingereicht werden. Manchmal trägt dies dann auch Früchte.
Ich spreche hier von Klassifizierung und Prozessen, was liegt da näher, als diese durch die IT entsprechend unterstützen zu lassen.
Wie kann die IT die Vorselektion von Investmentanfragen unterstützen?
Wie immer bei solchen Dingen, durch entsprechende Vorbereitung. Diese beinhaltet eine gute Analyse, welche schließlich die Auswahl geeigneter Softwaretools unterstützt. Ich halte ein gutes CRM-Tool, das es erlaubt, sämtliche Adressdaten und Dokumente im System zu erfassen, für sehr wichtig. Ob dies nun Bestandteil einer Software Suite oder aber ein eigenständiges Tool sein sollte, das ist Teil der Analyse. Da wie gesagt Anfragen öfter auch mehrfach hereinkommen, sollte es auf jeden Fall möglich sein, mehrere Investmentgesuche mit den Adressdaten zu verknüpfen.
Sind die Adressdaten im System, so sollte die Investmentanfrage angelegt werden. Alle relevanten Daten sollten zügig erfasst werden. Idealerweise würde man einen Workflow aktivieren, welcher den gesamten Prozess von Beginn an unterstützt.
Ich Unterscheide hier zwischen Checklisten, welche sukzessive, ohne weitere Prozesssteuerung, abgearbeitet werden können und vordefinierten Prozessabläufen, welche die verschiedensten Kompetenzstufen auch IT-mäßig aktiv ins Geschehen einbeziehen. Für welche Variante man sich letztendlich entscheidet ist eine Frage des Geschmacks, der hoffentlich auf einer guten Analyse beruht, und schließlich auch des Budgets.
Vor einigen Jahren war das Budget ein eher heikles Thema. Denn dass, was von den Portfoliounternehmen verlangt wurde, wurde in den Venture Capital Gesellschaften nur sehr selten gelebt. Kostenkontrolle war wenig gefragt. „Der Mitarbeiter ist ohnehin da, der macht das dann einfach noch mit“, so vielfach die Aussage. Das dadurch vielleicht andere Dinge auf der Strecke blieben, stand nicht im Fokus. Man kennt das, Wasser predigen und Wein saufen!
Ich habe eine Analyse gemacht, habe entsprechendes Budget und möchte das Deal Flow Management workflow-gestützt abwickeln. Natürlich muss ich mich im Blog etwas kürzer fassen und suche mir daher ein einfaches Beispiel aus.
Welche Komponenten benötige ich?
Für mein einfaches Beispiel reicht es zu wissen, wer, wann, was machen soll. Ergänzende Fragestellungen nach dem Wie und bis wann etc. blende ich hier aus.
Wie könnte der Prozess aussehen?
Eingehende Anfragen lasse ich durch das Sekretariat im System erfassen und einen Assistenten kurz und strukturiert aufbereiten und vorbewerten. Der Supervisor – erfahrener Manager für Investmentanfragen – bekommt alle aufbereiteten Anfragen vorgelegt und bewertet nach 5 stufiger Skala. Bei Ablehnung sind vordefinierte Gründe anzuführen und ggf. um freie Anmerkungen zu ergänzen. Basierend auf die Klassifizierung greifen vordefinierte Mechanismen. Die Anfragen, welche den beiden höchsten Bewertungsstufen zugeordnet wurden, werden im wöchentlichen Meeting (montags oder freitags) dem Management kurz präsentiert. Alle anderen Anfragen, welche nicht in die engere Wahl kamen, werden dem Management nachrichtlich in einer Liste aufgezählt.
Das Management hat im Zuge der Präsentation die Möglichkeit weitere Anfragen auszuselektieren. Dies würde im System durch Änderung der Einstufung gemäß 5 stufiger Skala erfolgen. Mein Empfehlung wäre es ab diesem Punkt ein vordefiniertes Budget zuzuweisen und spätestens jetzt einen konkreten Verantwortlichen für das Investmentprojekt zu benennen.
Dies wäre ein möglicher Ablauf, welchen man sehr gut in einer Swimlane darstellen kann. Bei Prozessen ist es immer wichtig den Ein- und den Ausstiegspunkt zu definieren. Dazwischen liegen dann die vordefinierten Abläufe.
Die Grafik zeigt in den einzelnen Spuren (lanes) die involvierten Funktionsgruppen. Abgebildet wird ganz grob ein Standard Flow. Im Endergebnis geht entweder über das Sekretariat eine Absage raus, oder der Supervisor weist das Projekt nach dem Management Meeting einem konkreten Investmentmanager zu.
Durch den Einsatz eines leistungsfähigen IT-Tools können Entscheidungen protokolliert und die Auslastung der Funktionsstufen genau überwacht werden. Dies hilft die Ressourcen optimal zu planen.
Welche Informationen könnten in Zusammenhang mit der Erfassung einer Investmentanfrage noch wichtig sein?
Über die Einstufung der eingehenden Anfragen habe ich schon gesprochen. Wichtig könnte es sein, noch die Herkunft der Anfrage zu erfassen. Das könnte helfen durch Auswertungen, die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern zu optimieren. Man könnte auch eine Einschätzung hinsichtlich Qualität, Chance und Priorität einpflegen. In Kombination mit dem zu erwarteten Investmentvolumen könnte dies Interessant für die Fondsplanung sein.
Das setzen von Eingangsdatum, Zieldatum und die Dokumentation des Fortschritts im Flow kann Aufschlüsse über Optimierungspotenzial in den Arbeitsschritten liefern und zeigt gleichzeitig die Auslastung im Deal Flow Management an.
Natürlich ist auch die Zuordnung zu Technologiefeldern und Regionen wichtig. Eine Klassifizierung nach Mitarbeiterstärke und dergleichen könnte ebenfalls hilfreich sein. Nicht vergessen werden sollten auch die Ablehnungsgründe. Je stärker man strukturieren kann, um so einfacher sind später die Auswertungen.
All diese Informationen können auch bei der Neuauflage von Fonds im Nachhinein sehr hilfreich sein.
Bei der Arbeit mit Workflows sollte auch die Möglichkeit bestehen, zwischen mehreren Varianten zu wählen. Ein sehr interessanter und eiliger Fall könnte z.B. mit einer speziellen Variante per Umlaufentscheidung durch die Instanzen geschickt werden. Solche Kleinigkeiten entscheiden manchmal darüber, wie Systeme in Unternehmen akzeptiert werden.
Der nächste Schritt
Vor lauter IT und Prozessabläufe sollte aber der Hauptfokus nicht verloren gehen. Hat man einige Anfragen in die nähere Wahl genommen, dann gilt es hier am Ball zu bleiben und schnell durch tiefer gehende Analyse das Potenzial besser abschätzen zu können. Zurückkommend auf die Grafik in Teil 1 der Beitragsreihe, wäre es jetzt Zeit die in die engere Auswahl gekommenen Anfragen auf den nächsten Level (II) zu heben. Durch die Zuweisung eines verantwortlichen Investmentmanagers ist der vorbereitende Schritt bereits getan.
Näheres dazu findest Du in Teil 3 der Beitragsreihe.