Modellrechnung eines Venture-Capital-Fonds – Teil 1 – Initialisierung
Heute starte ich mit einer neuen Beitragsreihe, die sich mit der Modellrechnung eines Venture-Capital-Fonds beschäftigt. Wie immer ist das Thema als Einstieg gedacht und soll zu weiteren Diskussionen anregen. Einige der für den Fonds getroffenen Annahmen sind bewusst einfach gehalten, um insbesondere auch die Darstellung im Blog zu erleichtern. Basierend darauf kannst Du eigene Modelle entwickeln. Das Thema, obwohl ich es schon stark vereinfacht darstellen möchte, ist etwas komplexer, so dass ich daraus mehrere Teile machen werde. Teil 1 startet mit der Initialisierung.
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Solltest Du Anregungen haben oder eigene Erfahrungen einbringen wollen, kannst Du dies gerne tun. Nutze den Kommentar oder schreib mir direkt eine Email. Eventuell möchtest Du auch einen eigenen Artikel einstellen. Sprich mich ruhig darauf an.
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Der Modell-Klassiker ist der berühmte Hockey Stick, den jeder anstrebt, kaum aber einer in Vollendung erreicht. Am unerfreulichsten ist der umgekehrte Hockey Sticks, der die Talfahrt des Fonds symbolisiert. Sehr verbreitet ist der liegende und dann hoffentlich ansteigende Hockey Stick, der für das harte und ausdauernde Geschäft steht. Die Kurve verläuft hier wesentlich flacher, als in der angrenzenden Grafik. Kommt am Ende ein noch ein deutlicher Pick hinzu, dann sollte ein ordentliches Ergebnis drin sein.Über die Jahre durfte ich einige Fondsmodelle von nationalen und internationalen Fondsgesellschaften kennen lernen. Meine Aufgabe war es meist, die bisher in Excel umgesetzten Lösungen in eine branchenspezifische Software zu integrieren. Damit waren dann zukünftig für den Kunden fortgeschrittene Simulationstechniken möglich.
Die Herausforderung für mich war es dabei, die Meisterwerke in Excel zu entschlüsseln und die geordnet Überführung in das neue System sicherzustellen. Üblicherweise starten solche Aufträge mit dem Hinweis: „Das ist ja alles einleuchtend und in Excel gut beschrieben!“ Bei Nachfragen merkt man dann, wie sich langsam die ersten Schweißperlen auf der Stirn des Gegenübers bilden. Die Standardantwort: „Tja, da kann ich Ihnen im Moment auch nicht weiterhelfen. Der Kollege, der das Sheet erstellt hat, [arbeitet nicht mehr bei uns/ ist in Urlaub].“ Die Erwiderung: „Soll ich die Detailanalyse des Dokuments für Sie vornehmen? Der Aufwand wird bei ca. x Tagen liegen. Oder haben Sie ausreichend Ressourcen, die eine fachgerechte Dokumentation erstellen können?“ Die wenigsten der Kunden haben ein Gefühl dafür, wie aufwendig solche Analysen sein können. So etwas kann in einer Standard-Software-Einführung nicht inklusive sein und muss daher vom Kunden selbst durchgeführt oder separat in Auftrag gegeben werden. Dokumentation sind beim Kunden meist nicht oder nur rudimentär vorhanden. Hier hoffe ich, führen die neuen Anforderungen des KAGB an das Management zu mehr Professionalität.
In unserem Musterfall wollen wir es uns aber einfacher machen und eine neue Modellrechnung aufstellen.
Wie sieht unser Musterfall denn nun aus?
Ich gebe Dir mal einige Eckdaten an die Hand.
Fondsvolumen
Ich möchte einen in 2014 startenden Fonds entwickeln, welcher ein Volumen von ca. 70 Mio. EUR haben soll. Der Fonds soll pro Unternehmen im Schnitt mit 3 Mio. EUR investieren.
Laufzeit – Duration
Alles in allem ist erstmal eine Fondslaufzeit von 10 Jahren mit Verlängerungsmöglichkeit geplant. Der Investitionszeitraum – investment period – soll 5 Jahre betragen.
Fees
Die Management Fee, welche durchgehend auf das Commitment gerechnet werden soll, beträgt 1,5% p.a. Die Management Fee ist quartalsweise fällig.
Auszahlungsplan
Ausgegangen wird von einem Investment pro Quartal, jeweils zum 15. des am Quartalsende liegenden Monats. Die Investments werden als direkte Beteiligung in Form von Stammkapitaleinlagen und Agio getätigt.
Einkünfte (Dividenden/ Zinseinkünfte etc.) – incomes (dividends/ interests)
In der Modellrechnung ist nicht vorgesehen, dass dem Fonds Einkünfte aus Dividenden- und Zinszahlungen zu fließen. Auch etwaige Zinsen für Zwischenanlagen bleiben unberücksichtigt.
Rückzahlungsplan
Unter Berücksichtigung der Branchenerfahrung muss mit einer Ausfallquote bei den Investments zwischen 40 und 70% gerechnet werden. Wirkliche „Stars“, also die Investments, die schließlich die Performance bringen sollen, gibt es nur sehr wenige. Erfahrungsgemäß liegt die Quote bei 10%. In dem dazwischen liegenden Bereich wird der Fonds entweder zum Einstandspreis oder aber mit geringen Aufschlägen aussteigen können.
Erste Ausfälle werden nach 2, erste Rückführungen mit wenig Potenzial nach 3 Jahren erwartet. Der erste Coup durch einen Exit mit deutlichem Renditegewinn soll ab dem 5. Jahr erfolgen. Die Modellrechnung sieht bei den Ausfällen keine Liquidationserlöse vor.
Weitere Annahmen
Alle anderen Anlagekriterien bleiben in diesem Beispiel außen vor. Das Modell ist rein Cash getrieben. Es werden keine Pauschalwertberichtigungen und dergleichen eingebaut. Einzig die Einrechnung des NAV liegt außerhalb der Cash-Betrachtung. Auch sämtliche steuerlichen Komponenten, werden im Modell nicht berücksichtigt.
Meine Modellrechnung findet auf Ebene des Fonds und nicht direkt auf Ebene des einzelnen Investors oder Portfoliounternehmens statt. Die von den Investoren zuzahlende Management Fee wird eingerechnet, da sie Bestandteil des Commitments ist. Für die virtuellen Investments werden Einzelkonten angelegt, um die Modelle einfacher abbilden zu können. Ich baue das Modell von Hand auf und kann daher nicht auf eine Branchensoftware zurückgreifen. Rechtliche Strukturen und die Einbeziehung von Verwahrstellen (Depotbanken, Treuhänder) bleibt der Einfachheit halber außen vor.
Statistische Methoden (Stichworte: Normalverteilung, Dreiecksverteilung, Monte-Carlo-Simulation etc.) finden keinen Einzug in mein Modell. Sicherlich ist es in der Praxis sehr hilfreich bereits bei Auflage Stresstests mit den wichtigen Erfolgsgrößen des Fondsmodells durchzuführen, um so falls möglich auch geeignete Gegenmaßnahmen in das Modell einbauen zu können. Das Modell enthält auch keine Waterfall Simulation, welche die Ausschüttung unter Berücksichtigung von Hurdle Rate und Carried Interest zwischen Investoren und Management abbildet. Es auch keinen Sinn machen, da das Modell die Entwicklung des Fonds abbildet und nicht die Ausschüttung an einzelne Investoren oder Investorengruppen.
Wir haben also unsere Parameter definiert. Wo mit starten wir jetzt?
Hierzu mehr im Folgeartikel, den ich in den nächsten Tagen freischalten werde. Ich plane die Beiträge jeweils montags und mittwochs zu veröffentlichen.